Vor der Weichenstellung steht die Information
15.02.2012 12:58
Von Heiko Schattaue, Rhein-Neckar-Zeitung vom 15.02.2012
Mosbach. Vor Ort bekommt man die meisten Informationen - das weiß man auch im Mosbacher Gemeinderat. Nachdem man im Oktober die seit dem Abzug der letzten Soldaten verwaiste Neckartalkaserne intensiv in Augenschein genommen hatte, machten sich die Räte nun ein eigenes Bild von einem der Unternehmen, das Interesse am Kauf des 27 Hektar großen Areals auf dem Hardberg bekundet hat. "Wir möchten zeigen, was wir können - und was wir nicht mehr können", begrüßte Gerd Schaller, Geschäftsführer des Entsorgungsspezialisten INAST, seine prominenten Gäste am Standort Neckarelz. Denen wurde in der Folge auch noch an den Firmenfilialen in Eberbach und Obrigheim erläutert, was das Unternehmen "so alles macht" - und wie man sich eine mögliche An- bzw. Umsiedlung auf den Hardberg konkret vorstellen würde.
Schon bei der Einfahrt aufs Betriebsgelände mit dem gecharterten Reisebus konnten die Gemeinderäte einen Eindruck davon gewinnen, dass es an der INAST-Zentrale mitunter recht eng zugeht. Ob zahlreicher Kleinanlieferer und Lastwagen musste man sich ein wenig in Geduld üben, ehe man die Anlagen auf dem rund einen Hektar großen Areal in Augenschein nehmen durfte. Diese Vorlage nahm Gerd Schaller, früher selbst erfolgreicher Basketballer gerne auf: "Schon die Zufahrt aufs Betriebsgelände ist äußerst problematisch", zumal Wartezeiten nicht nur Nerven, sondern immer auch Geld kosten würden.
"Es ist überall sehr sehr eng", verdeutlichte Schaller beim Rundgang durch die Lkw- und Containerwerkstatt, um an den gerade benötigten Container ran zu kommen, müsse man nicht selten erst mal ein paar andere zur Seite rücken. Rund 10 000 Container verschiedenster Bauart hat das Mosbacher Unternehmen, das seit 1973 als Entsorgungsspezialist im Neckar-Odenwald-Kreis, dem Stadt- und Landkreis Heilbronn sowie im Main-Tauber-Kreis tätig ist, im Umlauf, "Von fünf bis 50 Kubik Fassungsvermögen", so Prokurist Michael Hörtkorn. Detailliert erläuterten Hörtkorn und Schaller den Mosbacher Gemeinderäten, was in jenen Containern und in den einzelnen Schüttgutlagern auf den Betriebsgeländen - INAST unterhält Filialen in Obrigheim, Eberbach, Lauda-Königshofen und Michelstadt - behandelt wird. Dazu zählen neben Verpackungen, Altpapier oder Kunststoffen auch Elektroaltgeräte, Schrott und Sperrmüll.
Unter anderem die zunehmend differenzierte Behandlung der Abfall- bzw. Wertstoffe führe dazu, dass man eigentlich an allen Standorten Platz- und Logistikprobleme habe. "Wir sind bei unseren Flächen am Anschlag", so Hörtkorn. Das Interesse am 27 ha großzügigen Areal der ehemaligen Kaserne ist daher naheliegend, hier sieht das 180 Beschäftigte starke Unternehmen "Chance auf Weiterentwicklung". Vor allem die gegebene Verkehrsinfrastruktur auf dem Gelände sowie die Nutzbarkeit der vorhandenen Lager- und Hallengebäude seien attraktiv. Zwar müsste man zum Teil auch bauliche, meist energetisch bedingte Veränderungen vornehmen, die könnte man dann aber "Zug um Zug" erledigen, erläuterte Hörtkorn auf Nachfrage von Gemeinderätin Barbara Klein (AL). INAST könnte bei einer Umsiedlung an den Hardberg aus vier Standorten einen machen, so der Prokurist. 95 Prozent der dann frei werdenden Flächen im Stadtgebiet wolle man dann zum Verkauf anbieten, eine innerstädtische Kleinteileanlieferungsstelle, nach der sich etwa Gemeinderat Klaus Hettinger erkundigt hatte, aber erhalten.
Seinen CDU-Kollegen Baier trieb die Frage nach der weiteren Verwendung der bestehenden Unterkunftsgebäude um. "Für die Mehrzahl davon haben wir keine Verwendung", räumte Michael Hörtkorn ein, in diesem Bereich des Areals sei aber am ehesten eine mögliche Co-Nutzung denkbar. Die ist bei den Sportanlagen, für die sich AL-Vertreter Joachim Barzen interessierte, laut INAST nicht vorstellbar. Dieser Teil des Geländes lasse sich "nicht aus dem Konzept ausgrenzen." Mit im Konzept des Entsorgungsunternehmens ist auch eine verbesserte Anbindung über die Gemeindeverbindungsstraße in Richtung Bergfeld. In Absprache mit der Stadt könnte hier ein Ausbau erfolgen, den nach Auskunft von Oberbürgermeister Michael Jann allerdings der Käufer des Areals stemmen oder eben in sein Kaufangebot mit einrechnen müsste.
Neben INAST haben auch die Abfallwirtschaftsgesellschaft des Neckar-Odenwald-Kreises (AWN), das Neckarsulmer Unternehmen ZeroDomo und ein privater Interessent die Hand für eine mögliche Zukunft auf dem Hardberg gehoben.
"Wir treffen nicht die Verkaufsentscheidung, das macht die BIMA", stellte derweil OB Jann, der zur Informationsrundfahrt auch IHK-Geschäftsführer Kraft begrüßen durfte, klar. Allerdings: Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben steht im engen Austausch mit der Stadtverwaltung - und der Gemeinderat stellt in den kommenden Wochen die Weichen, welche Nutzung die ehemalige Kaserne künftig erfahren soll. Voraussetzung für jegliche neue Nutzung des Geländes ist nämlich die Anpassung des Flächennutzungsplans. Insofern war es Jann wichtig, dass sich das Gremium vor Ort beim Interessenten aus der eigenen Stadt informiert. "Es war die Zeit wert", zeigte sich Jann nach rund dreieinhalb Stunden Infofahrt sicher.